Die Geschichte des Instituts für Allgemeine Elektrotechnik

Die Geschichte der elektrotechnischen Institute der heutigen Fakultät für Informatik und Elektrotechnik der Universität Rostock beginnt im Jahre 1953 mit der Gründung des Institutes für E-Anlagen auf Schiffen als zunächst einzigem Institut der damals gleichzeitig eingerichteten Fachrichtung Schiffselektrotechnik an der Technischen Fakultät für Schiffbau, die ab 1953 Schiffbautechnische Fakultät hieß. Dieses Institut war anfänglich provisorisch untergebracht im Gebäude der ehemaligen Gewerbeschule in der Parkstraße.

Prof. Dr.-Ing. Heinrich Huckstorf (ca. 1955)
Doz. Ing. Gerhard Vehrenkamp (ca. 1955)

Sein erster Direktor war Prof. Dr.-Ing. Heinrich Huckstorf (1898-1966), vorher Direktor des Elektrizitätswerkes in Rostock. Er hatte bereits seit 1951/52 Lehraufträge für die Lehrgebiete Wärmelehre, Klimaanlagen und Wärmeanlagen auf Schiffen an der Schiffbautechnischen Fakultät inne. Weitere Hochschullehrer waren Doz. Ing. Gerhard Vehrenkamp (Mechanische Technologie, Maschinenelemente, Standardisierung, Technisches Zeichnen) und Honorardozent Dr. Lothar Hahn (Werkstoffe der Elektrotechnik). Das Institut für Elektrische Anlagen auf Schiffen wurde zum 01.10.1954 umbenannt in Institut für Schiffselektrik, zum Herbstsemester am 01.10.1955 nochmals umbenannt in Institut für Allgemeine und Experimentelle Elektrotechnik bei gleichzeitiger Gründung eines neuen Institutes für Elektrische Anlagen auf Schiffen und drei weiteren elektrotechnischen Instituten. Das Institut für Allgemeine und Experimentelle Elektrotechnik, sein Direktor war weiterhin Prof. Huckstorf, hieß ab 1962 Institut für Allgemeine Elektrotechnik. Somit kann das heutige Institut gleichen Namens als Keimzelle der elektrotechnischen Ausbildung an der Universität Rostock angesehen werden.

Im Jahre 1959 fand der Umzug in den Neubau der Schiffbautechnischen Fakultät (ab 1962 Technische Fakultät) in der im Aufbau begriffenen Südstadt (Albert- Einstein-Straße 2) statt, wodurch das Institut nun über für die damalige Zeit vorbildliche räumliche Voraussetzungen für Lehre und Forschung verfügte. Das Institut ist noch heute im gleichen Gebäude ansässig. Die ersten Forschungsthemen orientierten sich am Bedarf des Schiffbaus bzw. der Seewirtschaft insgesamt. Zu nennen sind Arbeiten zur Funkentstörung auf Schiffen, Ausbreitung elektromagnetischer Wellen unter Wasser sowie über die Anwendung von Plasten und Kunststoffen als Isolier- und Konstruktionswerkstoff in elektrotechnischen Anlagen auf Schiffen. Der Personalbestand des Institutes wies im Jahre 1961 12 wissenschaftliche und 5 technische Mitarbeiter (davon 4 Lehrlinge) sowie eine Verwaltungsmitarbeiterin aus.

Prof. Dr.-Ing. Siegfried Wagner

Nachdem Prof. Huckstorf in den Ruhestand gegangen war, wurde am 01.09.1964 Dr.-Ing. Siegfried Wagner (bis dahin TH Dresden) als Professor und Direktor des Institutes an die Universität Rostock berufen, nachdem er schon seit etwa zwei Jahren die Vorlesungen in der elektrotechnischen Grundlagenausbildung gehalten hatte. Im Vordergrund in der Forschung standen nun die Physik dünner Schichten mit dem Ziel der Entwicklung von Kaltkatodenröhren sowie Beiträge zur Plasmaphysik zur direkten Erzeugung elektrischer Energie durch thermionische Konverter.

In der Lehre wurden in dieser Zeit die folgenden Fächer vertreten:

Fachrichtung Schiffselektrotechnik:

  • Prof. Wagner: Grundlagen der Elektrotechnik, Elektrische Wechsel- und Schaltvorgänge, Theoretische Elektrotechnik
  • Doz. Vehrenkamp: Maschinenelemente, Mechanische Technologie, Technisches Zeichnen
  • Doz. Dr. Hahn: Werkstoffe der Elektrotechnik - Fachrichtungen Schiffbau, Fischereitechnik


Fachrichtung Schiffsmaschinenbau und Landtechnik:

  • Doz. Vehrenkamp: Grundzüge der Elektrotechnik

Mit der III. Hochschulreform in der DDR 1968/1969 wurden die Technische Fakultät, die Fachrichtung Schiffselektrotechnik und alle Institute aufgelöst. 

Prof. Dr. rer. nat. habil. Otto Fiedler
Dr. rer. nat. Johann Gätke (1970)

An Stelle der Fachrichtung wurde die Sektion Technische Elektronik mit der Studienrichtung Automatisierungstechnik in der Grundstudienrichtung Elektroingenieurwesen gebildet. Etwas später wurde die Sektion Technische Elektronik in Wissenschaftsbereiche gegliedert, die fachlich zum Teil die vorher aufgelösten Institute ersetzten, darunter auch im Jahre 1970 der Wissenschaftsbereich Allgemeine Elektrotechnik, der die Aufgaben des früheren Institutes gleichen Namens fortsetzte. Wissenschaftsbereichsleiter war Prof. Dr. sc. techn. S. Wagner. Im Jahre 1974 wechselte Prof. Wagner zur damaligen Technischen Hochschule Karl-Marx-Stadt (heute Technische Universität Chemnitz). An seiner Stelle wurde von dort zum 01.09.1974 Prof. Dr. rer. nat. habil. Otto Fiedler berufen, der auch die Funktion als Wissenschaftsbereichsleiter übernahm. Dr. rer. nat. Johann Gätke war zu dieser Zeit als Oberassistent im Institut tätig. Zum 1.9.1986 wurde Prof. Dr. sc. techn. Heinz-Eberhard Albrecht auf die Professur für Allgemeine Elektrotechnik berufen.

Mit diesen Berufungen war eine Neuprofilierung der Forschung mit künftiger Dominanz der Mess- und Sensortechnik verbunden. Insbesondere sind zu nennen die elektronische Strömungsgeschwindigkeits-, Durchfluss- und Teilchengrößenmessung mit den Gebieten

Prof. Dr.-Ing. habil. Heinz-Eberhard Albrecht
  • magnetisch-induktive Verfahren
  • akustische Verfahren
  • optische Verfahren (Lasermesstechnik, CCD-Sensoren, Ortsfiltertechnik)

mit Anwendungen in der Schiffstechnik, Ozeanographie, im Küstenschutz, Wasser- und Hafenbau sowie Schiffbauversuchswesen und Medizintechnik zur eingriffsfreien Durchflussmessung und für Strömungsfelduntersuchungen sowie zur Geschwindigkeits- und Konturmessung bewegter makroskopischer und mikroskopischer Objekte.

Forschungsergebnisse fanden in einer Vielzahl von Veröffentlichungen ihren Niederschlag, insbesondere in folgenden Monographien/Lehrbüchern:

Messplatz im Labor für akustische Durchflussmesstechnik
Messplatz im Labor für Lasermesstechnik

Nach den politischen Veränderungen ab Herbst 1989, der Bildung des Landes Mecklenburg-Vorpommern und Wiederherstellung der Einheit Deutschlands wurde im Zusammenhang mit der Auflösung der bisherigen Sektionen und der Gründung der Fakultät für Ingenieurwissenschaften zum 01.10.1992 das Institut für Allgemeine Elektrotechnik wiedererrichtet. Institutsdirektor war bis zum 01.05.1996 Prof. Dr. rer. nat. habil. Otto Fiedler, danach Prof. Dr.-Ing. habil. Heinrich Krambeer und heute Prof. Dr.-Ing. Nils Damaschke. Es wurden die folgenden Professuren eingerichtet:

  • Theoretische Elektrotechnik
    Prof. Dr. rer. nat. habil. Otto Fiedler (bis 30.09.1997)
    Prof. Dr. rer. nat. habil. Ursula van Rienen (seit 01.10.1997, vorher Technische Hochschule Darmstadt)

  • Allgemeine Elektrotechnik
    Prof. Dr.-Ing. habil. Heinrich Krambeer (seit 04.08.1994, vorher Technische Hochschule Wismar)
    Prof. Dr.-Ing. Nils Damaschke (seit 2006)

  • Grundlagen der Elektrotechnik
    Prof. Dr.-Ing. habil. Johann Gätke (bis 30.09.2000, mit Lehrauftrag bis 31.03.2001)
    danach Umwidmung der Professur in Technische Elektronik und Sensorik
    Prof. Dr. rer. nat habil. Hartmut Ewald (seit 01.12.2001, vorher Hochschule Wismar)

  • Didaktik der Technik mit dem Schwerpunkt Elektrotechnik
    Umwidmung in Didaktik der Technik – Berufliche Aus- und Weiterbildung
    Prof. Dr. Friedhelm Eicker (seit 01.10.1996 vorher Universität Bremen)
    Diese Professur wurde 1997 aus dem Institut für Allgemeine Elektrotechnik ausgegliedert und als selbständiger Arbeitsbereich innerhalb des Fachbereiches Elektrotechnik weitergeführt

In der Forschung werden die obengenannten Arbeitsgebiete, zum Teil mit veränderten Anwendungszielen, weiterbetrieben. Die Ausstattung der Labore erfuhr im Rahmen des Hochschulerneuerungsprogramms eine wesentliche Erweiterung und Modernisierung.

Mit der Neubesetzung der Professur für Theoretische Elektrotechnik durch Prof. Dr. van Rienen kam zusätzlich das Forschungsgebiet Numerische Simulation elektromagnetischer Felder mit einem kontinuierlich wachsenden Umfang hinzu. Mit der maßgeblich von ihr durchgesetzten Einrichtung des Studienganges Computational Engineering wurde auch die Lehre entsprechend ausgeweitet. Am 1. Januar 2004 wurde die Fakultät für Ingenieurwissenschaften in die Fakultät für Maschinenbau und Schiffstechnik und die Fakultät für Informatik und Elektrotechnik aufgeteilt. Letzterer sind seitdem die Institute des bisherigen Fachbereiches für Elektrotechnik und Informationstechnik zugeordnet.

Die Forschungsarbeiten des Institutes sind in starkem Maße auf Anwendungen und am Bedarf des Umfeldes orientiert. Dies kommt zum Beispiel darin zum Ausdruck, dass mehrere ehemalige Mitarbeiter des Institutes Firmen gründeten, die vorher im Institut entwickelte Verfahren und Geräte zur Grundlage haben.