Optische Messtechnik für Großausführungsmessung

Der Entwicklungsprozess von Schiffspropellern wird von der hohen Anforderung beeinflusst Vibrationen und Unterwassergeräusche zu reduzieren und gleichzeitig die Effizienz der Antriebskraft zu verbessern. Deshalb ist eine genaue Kavitationsvorhersage, die auf einer exakten Prognose des gesamten Nachstromfeldes basiert, sehr wichtig.

Wegen des enormen experimentellen Aufwandes, der mit Messungen im Schiffsmaßstab einhergeht, sind aktuelle Berechnungen und Prognose-Algorithmen nicht genügend durch reale Datensätze verifiziert. Vor diesem Hintergrund wurde im gemeinsamen Forschungs- und Entwicklungsprojekt KonKav II das Messverfahren PIV (Partikel-Image-Velocimetry) angewendet, um Messdaten für die Nachstromgeschwindigkeitsverteilung zu generieren. Diese nicht-invasive Messmethode lieferte zuverlässige Geschwindigkeits-Datensätze für das RoRo-Schiff „Amandine“ (Abb. 1)

Der Vergleich mit CFD Berechnungen offenbarte interessante Erkenntnisse über die Breite der Nachstromdelle und gab Aufschluss über die Genauigkeit der Simulation und der Messungen. Die Ergebnisse fließen in die Entwicklung von besseren Algorithmen für die Kavitationsvorhersage ein.

Abb. 1 - RoRo Shiff “Amandine” A. Spörri, Shipspotting.com
Abb. 2 - RoPax “Loch Seaforth” Mn28, eng. Wikipedia

Das aktuell laufende Projekt Hykops hat das Ziel, den Entwurfsprozess von Schiffspropellern zu modernisieren, insbesondere um innovative Antriebselemente, basierend auf einem einheitlichen Datenformat zu entwickeln. Um die tatsächliche Effizienzsteigerung zu bestimmen, müssen die Berechnungen auf exakten Daten für den Schiffsnachstrom basieren. Das PIV Messsystem wird daher erneut angewendet, nachdem es, hinsichtlich der Robustheit, eines einfacheren Aufbaus und der Fähigkeit 0D3C Geschwindigkeitsdaten aufzuzeichnen, optimiert wurde. Ein nahez nomineller Nachstrom soll für das Passagierschiff „Loch Seaforth“ (Abb.2) bestimmt werden.

Das PIV Messverfahren (Abb. 3) basiert auf einer doppelten Beleuchtung und Abbildung der Strömung in einem definierten Zeitintervall. Die anschließende Geschwindigkeitsberechnung beruht auf einer Korrelationsschätzung der abgelichteten Partikelstrukturen. Um den gesamten Messbereich ortsaufgelöst zu charakterisieren, müss sowohl der Beobachtungs- als auch der Beleuchtungsaufbau schwenkbar sein. Wenn die Bullaugen in der Propellerebene liegen, wie es auf der „Amandine“ der Fall war, kann das Messsystem auch um die y-Achse rotiert, um die Strömungsgeschwindigkeit vor dem Schiffspropeller zu messen. Vibrationsunempfindliche motorisierte Linear- und Rotationsachen, montiert an einem X95-Profilsystem (Abb.4), werden für eine automatische Definition eines einzelnen Messvolumens benutzt. Die Ausrichtung des gesamten Aufbaus wird mit Hilfe eines Kreuzlinien Nivilierlasers realisiert.

Abb. 3 - Messverfahren
Abb. 4 - Messaufbau im Rudermaschinenraum der “Amandine”

Verglichen mit früheren Laser-Doppler Messungen überzeugt das PIV Messsystem mit den folgenden Vorteilen:

  • 0D2C-PIV Messdatenaufzeichnung: (in Hykops wird das Messsystem für 0D3C-PIV erweitert)
  • Robuster gegen Vibrationen, Schmutz und hohe Luftfeuchtigkeit aufgrund eines relativ unkomplizierten modularen und verkapselten Aufbaus
  • Großer Messbereich mit nahezu konstanten Aufzeichnungsbedingungen
  • Geringerer Aufwand im Messaufbau und der Datenanalyse
  • Hohe statistische Genauigkeit auf Grund einer hohen Datenrate (350 Geschwindigkeitsvektoren pro Sekunde in einer Entfernung von 3,5 m), was zusätzlich zu kürzeren Messzeiten führt

Weitere allgemeine Eigenschaften sind:

  • Keine Einschränkungen in Bezug auf den Geschwindigkeitsbereich des Schiffes
  • Vibrationen an Bord sind vernachlässigbar, da die Störfrequenzen zehn mal geringer sind als die Frequenzzur Bilderfassung (~714 Hz)
  • Parallele Aufzeichnung von Vibrationen und Schiffsbewegungen (Beschleunigung, Neigung) für mögliche Korrelationen zu den Geschwindigkeitsmessungen
  • Geprüftes Messverfahren: Referenzmessungen wurden im Schlepptank der SVA ausgeführt (relativer systematischer Geschwindigkeitsfehler ist unter ∆u/u = 5%)
  • Kalibrierung, um das Messsystem über eine Markierung auf dem Stevenrohr zu positionieren (auf der Amandine wurde eine Befestigungsbohrung für den Trossenschutz genutzt); die mögliche Positionierungsungenauigkeit liegt zwischen 1 und 3 cm, abhängig von der Entfernung
  • Wiederholgenauigkeit in der Positionierung liegt unter 2 mm in einer Entfernung von 4 m (hauptsächlich bestimmt durch die bidirektionale Wiederholbarkeit der Rotationsachse) : Möglichkeit der separaten Aufzeichnung von Kalibrier- und Geschwindigkeitsvideos
  • Durch ein Wellensignal getriggerte und synchronisierte Messungen (FPGA) ermöglichen phasenaufgelöste Geschwindigkeitsdaten um propellerinduzierte Geschwindigkeiten zu identifizieren

Das wichtigste Kriterium ist die gute Sichtbarkeit im Meerwasser mit einer ausreichenden Anzahl von Partikeln. Außerdem sind mindestens zwei Bullaugen notwendig, um das Nachstromfeld zu beobachten (Abb. 5 und 6). Eine Kalibrierungsmarkierung nahe des Stevenrohrs ist zwingend erforderlich für die Positionskalibrierung.

Abb. 5 - Bullaugenpositionen “Amandine”
Abb. 6 - Bullaugenpositionen “Loch Seaforth”

Am wichtigsten ist die Auswahl der Bullaugenpositionen, denn der umgebende Bereich sollte einen weiten Kippwinkel zulassen (Abb.7) Bei der „Amandine“ verhinderte die ungünstige Rahmenkonstruktion (Abb. 8) die Beobachtung des höchst interessanten Bereiches um θ = 0°; r/R = 1. Weiterhin ist es unbedingt erforderlich konstante Strömungs-, Wetter- und Antriebs- parameter sicherzustellen, um die gemessenen mit den simulierten Strömungsdaten in Verbindung setzen zu können.

Abb. 7 - Messbereich unter der “Amandine”
Abb. 8 - Einschränkungen des Kippwinkels durch die Rahmenkonstruktion des Schiffes an der Luke (rechts); störende Verankerung für die Rotation um Y (links)

Wegen seiner Robustheit und einem Aufbau ähnlich der PIV Technik, wurde IPI (Interferometrisches Partikel Imaging) gewählt, um das Partikelspektrum hinsichtlich der Kavitationskeimanzahl und -konzentration, Größenverteilung und Klassifikation zu untersuchen. Abbildung 9 bspw. zeigt die Partikelgrößenverteilung und Klassifizierung in feste und sphärische Partikel unter der Frachtfähre „Amandine“ auf der Strecke von Rotterdam nach Dublin. Die Anzahl der Feststoffpartikel ist etwa 8 mal höher als die Zahl der sphärischen Partikel.

Abbildung 10 zeigt die berechnete (CFD) und gemessene (EFD) Geschwindigkeitsverteilung vor dem Propeller.

Abb. 9 - Blasenanzahl und -größe im Propellerzustrom / Verhältnis zwischen Blasen und Feststoffpartikeln von ca. 1:8
Abb. 10 - Berechnete und gemessene Geschwindigkeits- verteilung vor dem Propeller

Mit PIV und IPI für die Nachstromcharakterisierung und einer parallelen phasenaufgelösten Propellerbeobachtung stehen Messverfahren für den Schiffsmaßstab zur Verfügung, welche Messdaten für eine verbesserte Kavitationsvorhersage liefern können.

Relevante Publikationen:

Andre Kleinwächter, Katrin Hellwig-Rieck, Hans-Jürgen Heinke, Nils A. Damaschke. 2016 Full-Scale Total Wake Field PIV-Measurements in Comparison with ANSYS CFD Calculations – a Contribution to a better Propeller Design Process. Marine Science and Technologies

Kleinwächter A., Ebert E., Kostbade R., Hellwig-Rieck K., Heinke H.-J., and Damaschke N. 2015. PIV as a Novel Full-Scale Measurement Technique in Cavitation Research. 3rd International Symposium on Marine Propulsors Austin, Texas

Ebert E., Damaschke N., Kröger W., and Domke K. 2014a. Particle characterization system for industrial and naval applications. 8th International Conference on Sensing Technology (ICST2014).

Ebert E., Kleinwächter A., Kostbade R., and Damaschke N. 2014b. Interferometric Particle Imaging for cavitation nuclei characterization in cavitation tunnels and in the wake flow. 17th International Symposium on Applications of Laser Techniques to Fluid Mechanics.

Ebert E., Kröger W., Domke K., and Damaschke N. 2014c. Interferometic Particle Imaging system for industrial and naval applications, p. 1679-1682. SENSORS, 2014 IEEE.

Kleinwächter A., Ebert E., Kostbade R., Hellwig-Rieck K., Heinke H.-J., and Damaschke N. 2014. Full-Scale Total Wake Field PIV-Measurements for an Enhanced Cavitation Prediction. 17th International Symposium on Applications of Laser Techniques to Fluid Mechanics. Lisbon

Kröger W., Ebert E., Kleinwächter A., Kostbade R., and Damaschke N. 2014. Optische Messtechnik in der Kavitationsforschung im Schiffbauversuchswesen: Erfahrungen aus den Projekten KonKav I und II. 22. Fachtagung Lasermethoden in der Strömungsmesstechnik (GALA).

Arbeitsgruppe Großausführungsmessung